Huber, Siegrist und Schaeli wiederholen Jeff Lowes Route Metanoia am Eiger

Die Profialpinisten Thomas Huber, Stephan Siegrist und Roger Schaeli sichern sich die bislang zweite Begehung der legendären Route „Metanoia“ von Jeff Lowe an der Eiger-Nordwand.

Der Bericht von Roger Schaeli

Im Dezember 2016 machten sich Profialpinisten Thomas Huber (GER), Stephan Siegrist (SUI) und Roger Schaeli (SUI) auf, um eine der legendärsten Routen der Alpen zu klettern. Huber, von der einzigartigen Geschichte der Linie fasziniert, konnte Siegrist vom Vorhaben, die „Metanoia“ zu klettern, sofort begeistern. Auch Schaeli war von der Idee schnell überzeugt.

Erster Versuch misslungen

Die drei Profikletterer starteten in der Woche vor Weihnachten ihren ersten Versuch. Wetterbedingt mussten sie diesen jedoch etwa 70 Meter links vom Zentralband nach ihrem Biwak abbrechen. Ein zweiter Versuch am 28.12.16 musste nach Einbruch eines Sturmes kurz unterbrochen werden. Am 29.12.16 setzten Huber, Siegrist und Schaeli ihren zweiten Versuch, die „Metanoia“ zu wiederholen, fort. Sie biwakierten wieder etwa 70 Meter links vom Zentralband und setzten am nächsten Tag die Route fort. Am Abend des 30.12.16 erreichen die drei Profisportler den Ausstieg der „Metanoia.“ Sie konnten damit die erste Wiederholung der Route sichern.

Legendäre Route von Jeff Lowe

„Metanoia“ wurde 1991 vom amerikanischen Ausnahmebergsteiger Jeff Lowe im Winter im Alleingang in neun Tagen begangen. Lowe ist unter anderem dafür bekannt, 1979 eine Solo-Begehung der Südwand des Ama Dablam geklettert zu haben. Zudem konnte er 1978 den bis dato höchsten Punkt des Latok I erreichen. Dazu gehen über 1000 Erstbegehungen weltweit auf sein Konto. Lowe hat maßgeblich an der Entwicklung der ersten Eisschraube sowie Cams mitgearbeitet und die global gültige Schwierigkeitsskala für Eis- und Mixedrouten erfunden. Er hat die Sportklettermeisterschaften in die USA geholt sowie den berühmten Ouray Ice Park in Colorado, USA, eröffnet.
Als der 1991 persönlich angeschlagene Lowe eine direkte Linie durch die Nordwand des Eigers solo klettern will, möchte er einen Tribut zollen an die Pioniere des extremen Alpinismus, die die größten alpinen Wände mit primitiver Ausrüstung und Technik angingen, ohne Bohrhaken. Lowe sagt dazu: „Daher bin ich auch ohne Bohrhaken geklettert. In der Hoffnung, dass „Metanoia“ ein Beispiel dafür wird, was man auch ohne sie schaffen kann.“

Nach neun Tagen kommt Lowe unter widrigsten Bedingungen am Ausstieg an. Er trotze Stürmen und bewies sein Können und sein Durchhaltevermögen. Im Leid geplagten Leben von Jeff Lowe war diese Begehung eine Art Pfad zur Erleuchtung. Er stieg mit einer völlig neuen Lebenseinstellung aus der Nordwand des Eiger aus. Er nannte seine Route „Metanoia,“ was im griechischen etwa „Innere Umkehr, Gewinnung einer neuen Weltsicht“ bedeutet. Lowe sagt: „“Metanoia“ hat mich mit einem tieferen Verständnis meiner Selbst und wie das Leben abläuft belohnt. Als Ergebnis bin ich mitfühlender geworden und habe eine tiefere Verbindung zu meiner Familie, Freunden, den Kletterern, der Menschheit, dem Planeten und des Universums.“ In seiner Route fand Lowe seine heutige Einstellung zum Leben, allen Herausforderungen mit Mut und Freude zu begegnen. Diese hat er bis heute nicht verloren, obwohl Lowe seit ca. 16 Jahren an einer neurodegenerativen Krankheit leidet, die ihn an den Rollstuhl fesselt.

Jeff Lowe freut sich über die Wiederholung

Jeff Lowe war über die erste Wiederholung seiner Route erfreut: „Thomas Huber hat mich angerufen und mir gesagt, dass er, Roger Schaeli, und Stephan Siegrist die „Metanoia“ wiederholt haben. Ich bin sehr glücklich und dankbar darüber, dass sie die Route schwer, kühn, sehr schön und visionär fanden. Dass sie die Qualität von „Metanoia“ bestätigen ist sehr erfreulich und macht mich auch bescheiden. Das Beste ist, dass Thomas versteht, was ich mit der Route zeigen wollte. Ich wollte ein Beispiel schaffen, wie Alpinisten in einer umweltfreundlichen Art und Weise fortschreiten können, die auch den Geist des extremen Alpinismus ehrt.“

Metanoia setzte neue Massstäbe im Alpinismus

Thomas Huber sagt zu Lowe’s Begehung der „Metanoia“: „Er war alleine, konnte sich nur auf sich selbst verlassen und war zuvor noch nie in der Wand gewesen. Nach jeder harten Passage, die hinter mir lag, versetzte ich mich in seine Lage. Sein Kampf lief wie ein Film vor meinen Augen ab: Es ist im Prinzip Wahnsinn, was er damals geleistet hat!“ Weiter sagt Huber: „Jeff hatte mit „Metanoia“ bewiesen, dass alleine mit dem Herzen unmögliche Herausforderungen gemeistert werden können. Er hat mit seiner Begehung neue Maßstäbe im Alpinismus gesetzt. Diese Metanoia, die neue Sichtweise auf die Welt und die Einstellung auf das Leben, helfen Jeff heute, seiner schweren Erkrankung mit Frohsinn, Mut und Liebe zu begegnen. Diese Haltung inspiriert mich für mein Leben und wir drei, Steff, Roger und ich sind dankbar Metanoia gelebt zu haben.“

Auch Stephan Siegrist ist von der Leistung von Lowe beeindruckt. Er sagt dazu: „Eine solche Tour in einer solchen Wand alleine mit der Ausrüstung von Dazumal! Das geht nur in einer Lebenskrise.“ Die „Metanoia“ war auch für ihn eine besondere Tour: „Bevor ich mit knapp 20 Jahren die Eigernordwand zum ersten mal durchstieg, hatte Jeff Lowe diese eindrucksvolle Tour bereits vollbracht. Die Spektakuläre Besteigung und die folgenden Medienberichte begleiteten mich mit Ehrfurcht.“ Die Route dann selbst zu klettern war für Siegrist besonders: „Nach 37 Besteigungen und drei Erstbesteigungen in der Eigernordwand war die Route „Metanoia“ eine Krönung. Für mich persönlich eines der Highlights meiner 37 Besteigungen in der Eigernordwand.“

Roger Schaeli fügt hinzu: „Die „Metanoia“ war mein größtes Abenteuer mit dem coolsten Team, mit dem ich in der Eiger Nordwand klettern durfte! Die Route hat mich inspiriert, mehr alpine Herausforderungen zu suchen. Mein größter Respekt geht an Jeff Lowe. Die „Metanoia“ ist wirklich ganz hart!“

Lowe stieg die „Metanoia“ 1991 ohne Bohrhaken durch. Huber, Siegrist und Schaeli haben an einem Stand einen 8mm Standbohrhaken gesetzt, da ihnen das Risiko eines Seilschaftabsturzes zu groß war. In einer weiteren Seillänge vor dem Hinterstoisser Quergang haben sie einen bereits gesetzten 10mm Bohrhaken benutzt. Dieser wurde wahrscheinlich bei Dreharbeiten zum Dokumentationsfilm „Metanoia“ angebracht.

Credits

Bild und Text: www.rogerschaeli.ch

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