Charles Dubouloz und Symon Welfringer gelingt eine beeindruckende Neutour durch die wilde und bis dahin noch unberührte Westwand des Hungchi: Le Cavalier sans tête. Die beiden französischen Alpinisten sind die ersten, die diesen 7000er im Alpinstil bestiegen haben.
Eigentlich hatten die beiden französischen Profialpinisten Charles Dubouloz und Symon Welfringer den 7952 Meter hohen Gyachung Kang als Hauptziel auserkoren. Doch wie es auf Expeditionen oft der Fall ist, machten ihnen Wetter und Gesundheit einen Strich durch die Rechnung.
In der Folge avancierte der Hungchi (7029m) zum Ziel der Begierde. Glück im Unglück, wie sich später herausstellen sollte. Denn das Duo konnte in dessen wilder und noch unerschlossener Westwand eine Erstbegehung im astreinen Alpinstil realisieren.
Wenn man sich auf eine Expedition ans andere Ende der Welt begibt, laufen die Dinge selten wie geplant.
Charles Dubouloz
Für uns war der Hungchi das unerwartete Glück.
Selten begangen, sehr abgelegen
Der Hungchi liegt im Norden von Nepal nahe der Grenze zu Tibet. Obwohl Luftlinie gar nicht so weit vom Everest und dem weltbekannten Khumbu-Tal entfernt, widerspiegelt sich die Abgeschiedenheit des 7000ers auch in seinen Begehungen: Zwei im Jahr 2003 und eine im Jahr 2006.
Im Gegensatz zu den vorherigen Begehungen über den Südwestgrat entschied sich das französische Duo dazu, die noch unberührte Westwand anzugehen. Und dies im puren Alpinstil und mit allen damit verbundenen Risiken.
Ungewissheit bis zur letzten Minute
Da Symon Welfringer an einer hartnäckigen Bronchien-Infektion litt, stand die Begehung des Hungchi bis zum Schluss auf der Kippe. Am 17. Mai um 5 Uhr in der Früh brachen sie von ihrem vorgeschobenen Basislager aus auf.
Die beiden Alpinisten kamen jedoch aufgrund der technischen Schwierigkeiten, die sie in der Westwand antrafen, nur langsam voran. Auf 6580 Metern Höhe entschiedenen sie sich dazu, ein Biwak einzurichten und den Gipfel am nächsten Tag anzugehen.
Trotz Symons fortgeschrittenem Erschöpfungszustand erreichten sie am 18. Mai um 13.30 Uhr den Gipfel des Hungchi. Dort können die beiden nicht nur ihre Erstbegehung im Alpinstil, sondern auch Charles‘ 35. Geburtstag feiern.
Eine komplexe und intensive Kletterei führte uns am 18. Mai zum höchsten Punkt des Hungchi. Was könnte besser sein, um Charlys 35. Geburtstag zu feiern?
Charles Dubouloz
Abstieg ins Unbekannte
Doch die Freude auf 7029 Metern Höhe war von kurzer Dauer: Das Wetter schlug schnell um und starke Höhenwinde und ein Whiteout zwangen die beiden Alpinisten dazu, 300 Meter unterhalb des Gipfels erneut eine Nacht zu verbringen.
Als sie am nächsten Morgen ihre Köpfe aus dem Zelt steckten, schneite es noch immer. Dies zwang Charles Dubouloz und Symon Welfringer dazu, ihre Abstiegsstrategie anzupassen. Da ein drittes Biwak keine Option mehr und an einen Rückzug entlang der Aufstiegsspur nicht zu denken war, entschieden sich die beiden Alpinisten dazu, auf der gegenüberliegenden des Berges nach Osten abzusteigen – ins Unbekannte, ohne Garantie, den Wandfuss zu erreichen.
Diese drei Tage stellten unsere Fähigkeiten und unsere Motivation als Alpinisten auf eine harte Probe. Eine derartige Herausforderung, die als Erinnerung unauslöschlich in unserem Gedächtnis bleiben wird.
Charles Dubouloz
Glücklicherweise stellte sich der Entscheid der beiden Bergführer im Nachhinein als richtig heraus: Nach mehreren Stunden und zahlreichen Abseilmanövern kehrten sie sicher auf die andere Seite des Hungchi zurück. Mit ihrer Erstbegehung von Le Cavalier sans tête (1700m) haben die beiden Bergführer und Alpinisten einen weiteren Benchmark punkto Höhenbergsteigen im Alpinstil realisiert.
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Credits: Titelbild ©Mathurin-Millet